Implementation Complete

Published: 2006-04-07 10:30:30

In den letzten Monaten verbrachte ich viel Zeit bei Hewlett-Packard in Stuttgart und entwickelte Software für das neue Mercedes-Benz-Museum. Kürzlich erreichte ich den Status 'Implementation Complete'. Ab August beginne ich ein Studium in Educational Design, während ich meine derzeitige Anstellung beibehalte. Ich plane zudem, auf ein MacBook Pro umzusteigen, um meine mobilen Anforderungen besser zu erfüllen.

Implementation Complete

In diesem Post geht es auch um Äpfel. "Nomadenleben", so hat es Andreas ausgedrückt, und treffender hätte er es kaum beschreiben können. Die letzten etwa 5 Monate vergingen wie im Flug in einer Überschallmaschine. Seit Ende November 2005 ist mein Primärer Arbeitsplatz der 2. Stock des German Headquarters von Hewlett-Packard in Stuttgart/Böblingen. Direkt neben einem herrlich großem Fenster, das bei schönem Wetter ein beeindruckendes Panorama bietet, verbringe ich hier den Großteil meiner Zeit damit Software zu entwickeln, Bugs zu fixen, Unmengen an Gratiskaffee zu verbrauchen und interessante Gespräche mit HP-Mitarbeitern oder anderen Subunternehmern zu führen.

Montags fliege ich meist, zusammen mit einem Arbeitskollegen hin, Donnerstags oder Freitags zurück nach Düsseldorf, um dann von dort aus mit einem Sixt-Leihwagen den restlichen Weg in die Heimat anzubrechen. Das oftmals viel zu karge Wochenende vergeht ebenfalls in selbigem Zeitraffer, Zeit für ausgedehnte Parties, geschweige bewahren von sozialen Kontakten (read: Freundschaften) bleibt kaum. Das solch ein Leben zwischen Flughäfen, IT-Unternehmen, Ibis-Hotels und Heimat auf Dauer Grenzerfahrungen bietet und den Wunsch des baldigen Endes mit fortschreitender Zeit forciert ist klar. Schon lange wünsche ich mir nichts sehnlicher als 2 Wochen ausgedehnter Griechenland- oder Spanien-Urlaub (alternativ auch gern USA; das läßt aber der Geldbeutel kaum zu), doch ein solch zeitkritisches Projekt wie jenes, welches meinen Stuttgart-Aufenthalt erzwingt, läßt leider wenig Zeit für Urlaub.

Vielleicht sollte ich schreiben "ließ wenig Zeit für Urlaub", denn inzwischen bricht Licht durch die Wolkendecke, läßt Hoffnung ihr zufriendestellendes Lächeln ab und an mit einem Zwinkern auf mich fallen:
Gestern habe ich in der Entwicklung den Status "Implementation Complete" erreicht; das bedeutet dass alle Features implementiert, alle Module fertiggestellt und somit die eigentliche Entwicklung abgeschlossen ist. Was nun folgt ist extensives Testen und damit verbunden das bereinigen der so entdeckten Bugs (und davon werden noch einige vorhanden sein). Da das Projekt selber allerdings auch in naher Zukunft abgeschlossen sein muss, sieht es nun so aus als ständen die letzten 2 aufeinanderfolgenden Wochen des Stuttgart-Aufenthalts an. Sicherlich wird die schiere Größe dieses Projekts zur Folge haben dass wir auch in Zukunft immer mal wieder hier sein müssen, aber in 2 Wochen, so fühlt es sich gerade an, sollte ich wieder öfters und regelmäßiger Zuhause sein, und vor allem sollte ich auch mal den einen oder anderen Tag Urlaub nehmen können. Ein sehr angenehmes Gefühl.

Was für ein Projekt ist das denn nun, von dem ich hier die ganze Zeit in Haupt- und Nebensätzen berichte, aber eher umschweife, denn beschreibe.
Eigentlich habe ich es wahrscheinlich sowieso jedem der wenigen Leser dieses, meines, Blogs schon längst mehrmal erzählt, sie damit gelangweilt und genervt :)
Zusammen mit meinem Arbeitskollegen schreiben wir für das neue Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart einmal die Video & Synchronisations-Software, sowie die Content-Verteilungs-Software. Erstere kümmert sich um das Abspielen von Video oder Audio, die Synchronisierung mehrerer Video/Audio-Signale über mehrere Rechner (man stelle sich 80 Displays vor die alle haargenau zeitgleich dasselbe wiedergeben, über Netzwerk-Kommunikation synchron gehalten) sowie die Synchronisierung mit verschiedenen anderen Geräten (Bluetooth-PDAs, Mediensteuerungen, etc).
Die Content-Verteilungs-Software dagegen kümmert sich um die Verteilung aller Medieninhalte des Museums aus einem CMS heraus auf die jeweiligen Geräte - prinzipiell also um die korrekte Abhandlung aller elektronisch medialen Inhalte des Museums.

Diese Verteilungssoftware ist das komplexeste Stück Software dass ich je schrieb; zur Visualisierung der internen Strukturen, Abläufe und Schnittstellen waren DIN-A0-Flowcharts, Swimlane-Diagramme, UML-Diagramme und jede Menge Kopfzerbrechen erforderlich. Das Implementation Complete dieses Brockens komplexer Software ist für mich auch das Initial bald mit breit angelegten ungeplanten Sauforgien all die verzwickten Zusammenhänge, welche derzeit meinen Kopf und kognitives Bewußtsein lahmlegen, wegzulöschen.

Was nun. Nach Abschluss dieses Projekts stehen bei mir größere Änderungen beruflicher und privater Natur an. Wenn es am schönsten ist soll man aufhören, so lautet eine alte Volksweisheit, und auch wenn mich die chinesische Weissagung "das Bedürfnis aufzugeben wird größer, je näher man dem Ziel kommt" lange davon abgehalten hat einen risikoreichen großen Schritt zu tun, so habe ich nun eine Mittellösung gefunden die es mir erlaubt beide Weisheiten zu kombinieren und auf einem recht risikolosem Pfad (wie mir scheint) meinen Weg fortzusetzen:

Ich habe mich vor 2 Wochen für den Studiengang "Educational Design, Management & Media" an der Universität Twente eingeschrieben und werde ab August versuchen so den Weg einzuschlagen den zu gehen ich vor 5 Jahren durch den Tod meines Vaters gehindert wurde. Ich freue mich sehr auf dieses Studium, der Studiengang beherbergt vieles von den Dingen für die ich mich interessiere, eröffnet Möglichkeiten für die Berufsbereiche mit denen ich mich später beschäftigen möchte, und scheint für mich eine gute Erweiterung zu meiner bisherigen Kenntnisse aus den Bereichen Softwareentwicklung, Mediengestaltung und Projektmanagement zu sein.
Die Universität bietet einen tollen Campus mit scheinbar vielen Möglichkeiten reichhaltiger Freizeitbeschäftigung und natürlich den üblich verdächtigen Parties ;) Wer mich kennt, kennt auch meine, durch die familiäre Historie bedingte, finanzielle Mißlage, die eigentlich ein Studium nicht direkt erlauben würde - und genau hier kommt der oben beschriebene Mittelweg zum tragen: Ich werde mit Studienbeginn nämlich meine derzeitige Anstellung bei der Firma Netside nicht aufgeben, sondern lediglich in eine halbtags (o.ä.) Anstellung umwandeln, so dass ich auf der einen Seite weiterhin auf das was dort im Laufe der Jahre geschaffen wurde aufbauen kann, und auf der anderen Seite die notwendige finanzielle Sicherheit bekomme um das Studium risikolos abzuschliessen. Ob das ganze aus zeitlicher Sichtweise tatsächlich so funktioniert wie ich es mir hier erhoffe, muss sich natürlich zeigen, aber "hope, mankind's greatest treasure" steht mir hier mal wieder bei.

Und nun zu den Äpfeln vom Anfang:
Der komplexe, lange, oben beschriebene Text beschreibt im wesentlichen die in mir stattfindenden kognitiven Prozesse die auftreten wenn ich über die Frage nachdenke ob ich mir nun so ein sexy neues Apple MacBook Pro kaufe, denn es soll ja einem Zweck dienen und Vorteile gegenüber meinem derzeitigem Setup haben. Derzeit verteile ich nämlich Daten, Projekte, Kontakte, Kalenderevents und mehr auf 3 verschiedene Rechner an 4 verschiedenen Orten - ein Nomadenleben halt. Der flotte G5 zuhause versauert in letzter Zeit da ich ja fast nie zuhause bin. Der P4 in der Firma versauert gleichfalls da ich ja nie in der Firma bin. Und das, im Vergleich zu den anderen Systemen etwas langsame PowerBook 12", begleitet mich überallhin, ist ein Workhorse, läuft an Flughäfen, in Hotelzimmern, bei HP oder auch in Autos (so wie jetzt, sitze gerade in einem BMW X3 auf dem Beifahrersitz und tippe diese Zeilen während mein Arbeitskollege den Wagen durch den Rückweg leitet).
In Zukunft nun, wenn dieses Projekt abgeschlossen ist, wird die Situation sich eher verschlimmern denn verbessern, so schätze ich: Ich werde sicherlich noch ab und an zu HP nach Stuttgart müssen, ich bin weiterhin ab und zu Zuhause, ich werde oft in der Firma vorbeischauen, ich werde oft auf dem Campus mein unwesen treiben. Und da ich für den Großteil dieser Orte eh auf einen mobilen Computer angewiesen bin, liegt die Entscheidung nahe komplett auf ein Mobiles Gerät umzusteigen

  • so es genug Kraft bietet um auch das zu leisen was z.B. der G5 so macht.
    Und genau hier bietet sich das MacBook Pro einfach an. Es ist schnell/leistungsfähig, unheimlich portabel, schick und erlaubt seit neuestem auch den Einsatz von Windows XP was mir vielleicht im Studium zugute kommt, denn wer weiss welche speziellen Nur-Microsoft-bezogenen Softwareanforderungen da auf mich zukommen werden.
    So habe ich mich also entschieden mein komplettes Equipment zu veräussern, und auf eines dieser neuen schicken MacBook Pro's umzusteigen - und wenn es passt auch noch ein tolles 16:10 24" Display dazu - für die größeren arbeiten.

    So. Das ist also der Stand der Dinge. Vieles von dem was mich beschäftigt, vieles von dem was bisher geschehen ist. Vielen Dank fürs Lesen, freue mich auf Kommentare, gerne auch bezüglich der 2 großen angesprochenen Entscheidungen ( Studium / MacBook ). Oh und wir sind gleich in Gronau, die Fahrt ist um, der Blogeintrag fertig. Dieser Text enthält 8888 Buchstaben.